Abschied nehmen

Es ist jetzt neun Wochen her, seit mein geliebter Seelenmensch gegangen ist.

Das war der dunkelste Tag meines Lebens. Ich dachte in der Leere ersticken zu müssen. Der Schmerz breitete sich im ganzen Körper aus und wollte mein Herz zerdrücken. 

Alles war dunkel und nass, es schien überhaupt nicht hell zu werden.

Ich habe meinen geliebten Menschen bis zum Ende begleitet. Es gibt ein Ende der Welt. Das ist da, wo wir loslassen müssen. Wohin wir nicht mehr zusammen weiter gehen können. 

Was er dort gesehen hat, war für mich unsichtbar. 

Ich wollte ihn in Liebe gehen lassen, aber die Tränen waren nicht zu stoppen.

Meine Welt blieb stehen in diesem Moment.

-

Um nicht an meinem Kummer zu zerbrechen, nahm ich eine Leinwand und Stifte.

Schwarz war die einzige Farbe, die sein konnte.

Die einzige Farbe, die in meiner Welt noch existierte.

Und so entstand ein Bild, das meinen Schmerz zeigte.

Es war nicht mehr viel da, darum konnte auch nicht viel auf dem Bild erscheinen.

Eine ganze Zeit war das mein Gefühl. Ich wollte die Augen nicht auf machen, weil ich ohnehin nicht sehen würde wonach ich mich sehnte. Nirgends auf der ganzen Welt würde ich ihn wieder sehen.

Ich wollte nur schweigen und meinen Blick nach innen richten. Und mich irgendwo dort wiederfinden.

 

Ein kleiner Funke war da, der in mir keimte.

Der Wille nicht aufzugeben kam auf. Genau wie die Natur um mich herum konnte ich langsam wieder zum Leben erwachen. Neue zarte Triebe bilden, wieder in meine Kraft kommen.

Ein paar Farben durften kommen, und ich öffnete meine Augen.

Ich wollte wieder sehen, und meinen Weg finden. Mein Weg, der diesen Pfad genommen hatte, den wir ganz am Ende gehen.

Aber den letzten Schritt machen wir erst, wenn unser Lebensplan gelebt ist. Meiner ist es noch nicht. Seiner war es. Es ist so schwer zu begreifen, dass wir nicht selbst entscheiden durften, ob wir weiter den gleichen Weg gehen wollen. Zusammen.

Bis zum Ende war es Liebe. Nun ist es Dankbarkeit, diese Liebe gehabt zu haben.

Ich konnte etwas mehr Farbe zulassen, und gleichzeitig merkte ich, wie die Trauer in Wellen verläuft.

Es gibt gute Tage, und dann folgen düstere Tage. Und dann auch wieder gute Tage.

So ist das Gesetz der Natur, alles ist Rhythmus, alles kommt und geht.

Die Tränen kamen wieder, und sie vergingen wieder.

In mir richtete sich mein innerer Krieger wieder auf. Neben all der Trauer und dem Schmerz war er immer noch da. Und erinnert mich daran, dass mein Weg noch weiter geht.

Er durfte sichtbar werden, und das Bild darf nun Entschlossenheit zeigen.

 

Ich bin überzeugt davon, dass es wieder gut wird. Dass wir eine solche Erfahrung nur machen, weil wieder etwas Gutes kommt. Ich erlaube mir diese Gedanken, und das Vertrauen trägt mich.

 

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Kommentare: 1
  • #1

    Svenja (Dienstag, 30 April 2024 20:22)

    Vielen Dank für Deine Worte Inga.
    Ich habe Ähnliches erlebt, und es hilft mir